Festival der Vielfalt - "Heute hier - morgen fort"
Nachdenkliche Töne herrschten auf der Eröffnung zur Ausstellung "Heute hier - morgen fort, Kinder von Abschiebung bedroht", die im Rahmen des Festivals der Vielfalt bis zum 15.10.2012 im Heinzelmannstift gezeigt wird.
Die breit gefächerte Mischung aus Hintergrundinformationen, persönlichen Schicksalen, einer Filmdokumentation und vor allem den Werken der Flüchtlingskinder zeigten eindrucksvoll die Lebensumstände der Betroffenen auf.
Die Ausstellungsbilder entstanden im Rahmen der Kunstgruppe für Flüchtlingskinder, die der veranstaltende Arbeitskreis Asyl seit zweieinhalb Jahren durchführt. “Das Projekt soll den traumatisierten Kindern Raum geben, um wieder Kind zu sein, Gemeinschaft zu erfahren und soziales Verhalten zu leben”, so Gruppen-Leiterin Annemarie Reitberger.
Eine Ausstellung, die unter die Haut geht
Leonardo etwa ist acht Jahre alt. Er leidet unter einer Augenerkrankung, an der er in den nächsten Jahren ohne Behandlung zu erblinden droht. Seine Liebe zur Malerei ist jedoch trotz seines Handycaps ungebrochen. Beim Kunstprojekt im Flüchtlingsheim hat er sein Talent regelmäßig unter Beweis gestellt, hat in der Schule mehrere Preise gewonnen. Und auch in der Wanderausstellung ist ihm ein persönlicher Part gewidmet.
Leonardo ist Roma und teilt, wie viele seiner Volksgruppe dasselbe Schicksal. In ihrer Heimat, dem ehemaligen Jugoslawien, sind sie ungewollt. Sie sind gewalttätigen Übergriffen ausgesetzt und leben unter schlimmsten Lebensumständen in völliger Armut. Ihr einziger Ausweg: Die Flucht mit der Familie in den Westen. Doch auch hier erleben sie hauptsächlich Ablehnung.
Arbeitskreis Asyl blickt mit seiner Kunstgruppe für Flüchtlingskinder hinter die Kulissen
"Sie sollen integriert werden - aber nicht hier", eine Einstellung, mit der der Kaufbeurer Arbeitskreis Asyl seit nunmehr 23 Jahren zu kämpfen hat, wie Leiter Günter Kamleiter bei seinen Ausführungen zur Arbeit des Arbeitskreises berichtet. Die ständige Bedrohung für die Flüchtlinge: die Abschiebung. "Oft verschwinden die Familien von einem Tag auf den anderen, weil sie erneut fliehen oder eben abgeschoben werden", so Kunstprojekt-Leiterin Annemarie Reitberger.
Wie es den Familien fortan geht, erfahren die Arbeitskreis-Mitarbeiter- und Mitarbeiterinnen in den seltensten Fällen. "Die meisten Kinder werden jedoch nie wieder eine Schule besuchen können", fügt sie bedrückt an.
Was die Künstlerin in den zweieinhalb Jahren, in denen das Kunstprojekt für Flüchtlingskinder besteht, besonders beeindruckt: "Trotz ihrer schlimmen Erfahrungen strotzen die Kinder vor Lebenskraft. Sie wollen etwas aus ihrem Leben machen." Die fröhlichen Gesichter auf den Fotos der Wanderausstellung dokumentieren Reitbergers Erfahrung. Auch die Motive der entstandenen Kunstbilder zeigen durch die Bank positive Aspekte und die Ausblicke auf eine hoffnungsvolle Zukunft für ihre kleinen Künstler.
Lebensläufe und Kurz-Vitas
Die bisherigen Lebenswege, die diese Kinder hinter sich haben, werden in der Ausstellung auf Kurz-Vitas aufgezeigt. Diese Lebensläufe sowie umfangreiche Hintergrund-Informationen aus den Medien legen den Betrachtern jedoch auch den nachdenklichen Aspekt nahe. "Im Kosovo ist kein Leben für uns", bringt es ein persönlicher Brief des heute 15-jährigen Ersan auf den Punkt.
Für einen ganz besonderen Eindruck sorgte bei der Ausstellung im Heinzelmannstift der mehrfach ausgezeichnete Kurzfilm "Eine Reise ins Ungewisse" des Kaufbeurer Foto-Journalismus-Studenten Jonas Opperskalski. Der Jungfilmer begleitete mit seiner Kamera Leonardos Familie bei der Rückkehr in ihre ehemalige Heimat Mazedonien. Auch die Gedichte des Roma Paul Polanski, die Wiltrud Fleischmann bei der Eröffnung vortrug, gewährten ein traurigen Blick hinter die Kulissen.
Die Ausstellung, die noch bis einschließlich Montag, den 15. Oktober in der Cafeteria des Heinzelmannstifts besichtigt werden kann, ist als Wanderausstellung angedacht. Interessenten, die sie in ihrem Kreis zeigen möchten, wenden sich an Annemarie Reitberger unter Telefon: 08342/8956309.